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Ewald
Schulze in Laubnitz
Briefauszüge
aus dem März 1954 an Justus Benzler, vormals Laubnitz Nr. 104
Wüsten,
den 14. März 1954 |
Werter
Herr Benzler,
Sie
wollten nun gern wissen, wie es uns ergangen ist. Ich wurde am
21. Februar 1945 von den Russen verschleppt. Meine Frau mir
den Kindern ist dann am 23. Juni 45 aus der Heimat vertrieben
worden und ist nach langem Hin und Her endlich am 23.
September 1945 in Schlepkow, Krs. Prenzlau (Uckm.)
untergekommen. Ich selbst bin erst unter dem Russen und dann
unter dem Polen gewesen. Habe durch die schwere Arbeit im
Bergwerk und den Hunger sehr gelitten und bin dann wegen
Krankheit im Mai 1946 nach dem Westen entlassen worden. Fand
dann auch Arbeit beim Bauern in Lackhausen [heute Ortsteil von
Wesel] , aber meine Familie konnte ich nicht finden. Erst 1948
bekam ich Nachricht von meiner Frau.
Im
Februar 1949 wurde mir dann Arbeit und Wohnung bei einem
Bauern in Wüsten [in der Nähe von Bad Salzuflen] zugewiesen.
Meine Familie ist dann mit einem Flugzeug aus der Ostzone
herüber gekommen und wir waren glücklich, endlich wieder
beisammen zu sein. Besonders gut haben wir es aber nicht
getroffen, wir mussten schon viel über uns ergehen lassen.
Wie schön war es doch dagegen in der Heimat. Hier bei dem
Bauer hat noch kein Arbeiter ausgehalten, und auch ich habe
voriges Jahr im April die Arbeit niedergelegt. Der Bauer hatte
die Sozialbeiträge schon jahrelang nur zur Hälfte
abgeführt, und Lohnforderungen hatte ich auch noch weit
zurück, die ich mir erst übers Arbeitsgericht einklagen
musste. Da ich mir nun mein Recht gesucht hatte, war er
wütend und hat mir die Wohnung gekündigt. Wollte mich auch
herausklagen; er kann es aber nicht schaffen, er hat die Klage
auch in der zweiten Instanz verloren, na den Herren vom
Gericht ist er eben schon ein alter Bekannter, und wir haben
uns nichts zu Schulden kommen lassen. Jetzt
arbeite ich im Baugewerbe. War auch jetzt im Winter etliche
Wochen arbeitslos wegen dem Frost, arbeite aber nun schon
wieder.
Meiner
Frau geht es gesundheitlich nicht gut. Sie war doch zu Hause
schon krank und hat sich den Rest noch auf der Flucht und in
der Ostzone geholt, denn dort ist sie ja von keiner Seite
unterstützt worden. Jetzt ist sie 80% arbeitsunfähig. Ich
bin nur froh, dass unsere älteste Tochter vorläufig noch im
Hause ist, aber am längsten hat es auch gedauert, sie ist
verlobt und wird uns demnächst verlassen. Unsere jüngste
Tochter ist jetzt 12 Jahre.
Herzliche
Grüße
von
Familie Ewald Schulze
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